Mittwoch, 19. Mai 2010

Die zwei Maler (Märchen)


Es waren einmal zwei Maler. Einer wohnte in einem Haus mit jenem Garten, der andere in einem Haus mit diesem Garten. Sie waren also Gegenüber. Der eine war gut, der andere überhaupt nicht.
Es war so ein Tag, wo der Sommer noch nicht da ist, alle fühlen sich unwohl, weil es schwül ist. Der Himmel ist grau und die Welt flach und farblos.
Der gute Maler kümmerte sich nicht darum und überlegte, wie er der Langeweile entfliehen konnte. Also nahm er die Pinsel und frischte alles mit seinen Farben auf. Er malte sogar Blumen und Schmetterlinge. Sogar der Tag war nicht mehr schlecht und hätte den Neid der Sonne geweckt, wenn sie hinter den Wolken kurz hervorgekommen wäre und die ganze aufgemalte Landschaft gesehen hätte.
Der andere Maler war nicht so unternehmungslustig, überlegte sich, dass alle seine Farben und seine Pinsel nicht reichten um damit etwas anzufangen. Er brachte sie alle in den Dachboden und dachte nicht mehr daran. Er nahm eine Schaufel und bebaute den Boden, obwohl es zu dieser Zeit viel Schweiß und genau soviel Mühe kostete. Abends bei Anbruch der Dunkelheit gingen beide zu Bett.
Sie schliefen ruhig als plötzlich in der tiefen Nacht ein Gewitter mit Donner und Blitzen und Wolkenbruch losbrach. Es schien als ob es niemals aufhören würde, aber morgens waren die Wolken weg und die Sonne schien wieder hell und herrlich wie noch niemals auf der Erde.
Wie anders war als an dem Tag zuvor!. Wie sich die Dinge verändert hatten! Der Platzregen hatte die gesamte Arbeit des guten Malers verwischt; Blumen und Blätter gingen tropfend in schmutzigen Farbtropfen auseinander und beschmutzten die unter ihnen liegenden Pflanzen. Der Garten des anderen Malers ward dagegen durch den nächtlichen Regen, das Licht der Sonne und die Erdarbeiten mit der Schaufel zu neuem Leben erwacht. Er war ein zu bewunderndes Wunder geworden; jedes Ding glänzte in seiner natürlichen Farbe und verzauberte wie ein Gemälde.
Er lief geschwind in den Dachboden, holte Leinwand, Pinsel und Farben und hielt jene Schönheit fest, die Ihr in allen seinen, zur Schau gestellten Bildern auch bewundern könntet
Und das alles, weil jene Welt halt so war, jene Welt in der auch graue Tage und Platzregen etwas zu sagen hatten.
Wenn man dann weiß, dass es verschiedene Art und Weisen gibt, die Wirklichkeit zu sehen, kann man in etwa hinzufügen, dass die Geschichte so verlief und jeder mag daraus die Folgerungen ziehen, die er für zweckmäßig hält.

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