Sonntag, 30. Mai 2010

Der Pinienbaum und die Zeit (Märchen)

In einem jener so ausgedehnten Wälder, aus dem man, wenn man hineingeht, fast nicht mehr herausfindet, war ein kleiner Pinienbaum geboren worden, ein wirklich sehr kleiner, und schon träumte er davon groß zu werden.
Es kam der Winter, es kam der Schnee und es kamen auch die Waldarbeiter, um die Weihnachtsbäume auszusuchen, aber diesen kleinen Pinienbaum würdigten sie keines Blickes, weil er noch zu nichts zu gebrauchen war. Aber jener empfand ein großes Bedauern, weil er nicht in Betracht gezogen worden war.
Dann kam der Frühling und es kamen auch die Bauern, um Bäume als Gartenschmuck auszusuchen, aber jener Pinienbaum war noch nicht groß und war nicht mehr klein, und sie blieben nicht einmal stehen, um ihn anzusehen. Und auch das tat ihm sehr weh.
Die Zeit verging und es kamen Schreiner, um Holz für Möbel auszusuchen...
Kurz und gut, ihr habt schon verstanden, jener Pinienbaum wurde immer für untauglich erklärt und er litt darunter, dass er nie in Betracht gezogen wurde. Und so wurde er alt und er ließ die Äste hängen und dachte an die Vergangenheit. Er erinnerte sich daran, wie, als er noch klein war, die Hasen gekommen waren, um sich in seinem Schatten auszuruhen, und wie dann die Rehe angerannt kamen, um sich unter ihm zu verstecken, und dann die Eichhörnchen, die gern zwischen seinen Ästen spielten, und dann die Vögel...
Kurz und gut, es wurde ihm bewusst wie viel Freude er geschenkt hatte und wie viel Freude ihm entgangen war, weil er sie seiner Zeit nicht geteilt hatte und so weinte er...
Nun gut, wenn ihr in die Wälder geht und Pinienbäume mit geronnenen Harztropfen um den Stamm herum seht, dann passt auf! Es sind ihre Tränen, weil sie nicht jeden ihnen gewährten Augenblick gelebt haben, und auch ihr könnt es nicht unbemerkt lassen, weil sie vor Harz duften, fast um euch zu warnen, dass die Zeit wie ein Duft ist, fein, kostbar, aber sie verfliegt auch schnell.

Keine Kommentare: